In einem Old Fashioned Cocktails ist Angostura Bitter unverzichtbar. Die kleine Flasche mit der leuchtend gelben Kappe und dem viel zu großen weißen Etikett ist ein Produkt mit einer sehr interessanten Geschichte.
Der Zweck von sogenannten Bitters ist es, das Geschmacksprofil von Cocktails komplexer zu machen. Aber wer kam auf die Idee? Wer hat sie erfunden? Und warum ist das Angostura Etikett viel zu groß für die kleine Flasche?
Wer hat Angosturabitter erfunden?
Der Erfinder des berühmten Angosturabitter ist ein Deutscher, Dr. Johann Gottlieb Benjamin Siegert. Er entwickelte eine Formel für ein medizinisches Tonikum, während er Generalstabsarzt für den venezolanischen Militärführer Simón Bolívar war. Bereits 1824 hatte er das Rezept für den "Amargo Aromatico" - spanisch für aromatischen Bitter - perfektioniert.
Dr. Siegert kreierte sein Elixier aus lokalen Kräutern und Gewürzen als Medizin für Bolívars Armee. Es sollte Soldaten mit Magenverstimmungen kurieren und trug ursprünglich den Namen Dr. Siegerts Aromatic Bitters. Später wurden die Bitters nach der venezolanischen Stadt Angostura (heute Ciudad Bolívar) benannt, in der Siegert damals lebte.
Wie Angostura Bitters weltbekannt wurden
1830, nur sechs Jahre nach der Entwicklung des Rezepts für Angosturabitter, gründete Siegert eine Brennerei, um diese produzieren zu können. Es dauerte dann aber weitere 23 Jahre bis 1853, bis sein Bitter exportiert und im Ausland verkauft werden konnte.
In England entstand damals der berühmte Pink Gin, ein rosafarbener Cocktail, der durch Zugabe von Angostura Bitters zu Plymouth Gin entsteht. Die Kombination von Spirituosen und Bitter war aber nicht neu. Zuvor kam noch der Old Fashioned Cocktail mit Stoughton's Bitters auf den Markt - ein medizinisches Tonikum, erfunden in England im frühen 17. Jhd.
Doch Dr. Siegerts Aromatic Bitters waren und sind etwas Anderes. Die geheime Rezeptur, die über 40 Pflanzenextrakte enthält, sorgt für ein unvergleichlich komplexes und bittersüßes Geschmacksprofil.
Die Weltausstellung 1873 in Wien war der nächste Schritt auf dem Weg zu internationalem Ruhm. Die "Medal of Excellence", die dem Bitter damals verliehen wurde, ist noch immer auf dem überdimensionalen Etikett der Angostura Flasche abgebildet.
Nur drei Jahre später, 1876, gewann Angostura eine weitere Goldmedaille auf der Weltausstellung in Philadelphia. Diese beiden Auszeichnungen ebneten den Weg für den Siegeszug der beliebten aromatischen Bitters.
Natürlich trug auch die Erfindung weiterer klassischer Cocktailrezepte, bei denen der Bitter verwendet wurde, erheblich zum Erfolg bei. Einer davon ist z.B. der Manhattan, der 1874 erfunden wurde.
Angostura unter der Leitung von Siegert's Söhnen
Nach dem Tod von Dr. Siegert im Jahr 1870 übernahmen seine drei Söhne Carlos, Alfredo und Luis Siegert das Unternehmen und verlagerten es nach Trinidad und Tobago. Es waren übrigens auch seine Söhne, die den Bitter zu den Weltausstellungen 1873 und 1876 brachten und besagte Medaillen gewannen.
Auch das berühmte Flaschendesign mit dem übergroßen Etikett stammt aus der Zeit, während die drei das Unternehmen führten und es hat sich bis heute gehalten. Außerdem brachten sie den Bitter an (damals) entlegene Orte wie Australien. Dort ist er sogar Teil des Nationalgetränks - ein Drink aus Zitrone, Limette und Angostura Bitter.
1903 starb Carlos Siegert und hinterließ seinen beiden jüngeren Brüdern, Luis und Alfredo, als die alleinigen Besitzer der geheimen Formel und des Unternehmens. Die beiden setzten schnell einige Änderungen durch und im Jahr 1904 wurde das Unternehmen in Amargo de Angostura umbenannt.
Außerdem wurde Alfredo zum königlichen Lieferant für Preußen (1904), Spanien (1907) und König Georg V. von England (1910) ernannt. Im Jahr 1912 ging Amargo de Angostura sogar als eingetragenes Unternehmen in England an die Börse.
Im Jahr 1921 wurde die Angostura Bitters (Dr. J G B Siegert & Sons) Ltd. gegründet. Folglich wurde der Firmenname in Angostura Limited geändert.
Warum ist das Angostura-Etikett so groß?
Das Aussehen der Angostura Flasche ist ziemlich einzigartig: Ein leuchtend gelber Flaschenverschluss und ein großes weißes Etikett stechen direkt ins Auge. Tatsächlich ist das übergroße Etikett ziemlich verwirrend. Warum ist es bloß so groß?
Es kommt einem fast wie ein cleverer Marketing-Schachzug vor. Aber in Wirklichkeit ist es ein perfektes Beispiel für schlechte Kommunikation - trotz des positiven Ergebnisses.
Als die Söhne von Dr. Siegert in das Familienunternehmen einstiegen, planten sie, mit den Bitters ihres Vaters an einem Wettbewerb teilzunehmen. Zur Vorbereitung auf diesen Wettbewerb wollten sie eine neue Verpackung für den Bitter. -Ein neues Flaschendesign in Kombination mit einem neuen Etikett.
Um Zeit zu sparen, teilten sie die Aufgabe, Etiketten und Flaschen zu besorgen, unter sich auf. Aber hatten dabei ganz vergessen, die genauen Maße und Größen zu besprechen. Als sie sich schließlich wieder trafen, um beides zusammenzubringen, bemerkten sie ihren Fehler: Etiketten- und Flaschengrößen passten nicht zusammen - überhaupt gar nicht.
Es war aber keine Zeit mehr, um noch irgendwas zu unternehmen, und so nahmen sie trotzdem mit der neuen Verpackung am Wettbewerb teil - und verloren! Aus unbekannten Gründen blieben sie aber bei der neuen Verpackung.
Am Ende zahlte sich diese Entscheidung aus, denn sie sorgte dafür, dass sich jeder sowohl an die Flasche als auch an die Marke erinnerte, was letztendlich den Erfolg deutlich beschleunigt hat. Mit anderen Entscheidungen hatten sie aber nicht ganz so viel Glück.
Angostura heute
Die klassische Version des aromatischen Bitters ist immer noch das wichtigste Produkt der Angostura Limited. Heute stellt das Unternehmen aber auch Rum, Erfrischungsgetränke und andere Bitter her.
Im Jahr 2007 wurde Angostura Orange Bitters auf den Markt gebracht. Wie der Name schon sagt, kombinieren sie komplexe Orangenaromen mit ihrer geheimen Aromamischung. Dreizehn Jahre später, im Jahr 2020, brachte Angostura dann auch eine dritte Sorte auf den Markt - den Angostura Cocoa Bitters.
Im Jahr 2009 gab es einen größeren Medienrummel wegen Lieferproblemen des berühmten Bitters. Viele Zeitungen und Blogger vermuteten einen Produktionsstopp in Trinidad oder einen Produktrückruf. Später stellte sich dann heraus, dass Angostura die Produktion tatsächlich einstellen musste, da es zu Engpässen bei den Zulieferern gekommen war.
